Küche Neubau, renovieren oder schliessen? Teil 2

Die Zielplanung

Zielplanung Versorgungskonzept Gemeinschaftsverpflegung GV-Konzepte

Wofür wird eine Zielanalyse benötigt, wie ist die Vorgehensweise?

Niemand wird widersprechen, dass das Ziel eines Verpflegungskonzeptes eine vollwertige, qualitativ hochwertige und wirtschaftlich tragbare Ernährung aller zu versorgenden Teilnehmer ist. Diese Ansicht wird aber bei allen Beteiligten eine andere Vorstellung ins Leben rufen und nur, wenn das im Vorfeld besprochen und verbindlich geklärt ist, (hurra, wer schreibt das Protokoll?) können die gemeinsam definierten Ziele angegangen und erreicht werden.

 

Wie aber nun diesen komplexen Sachverhalt mit all seinen Anforderungen und Einschränkungen überhaupt erst einmal darstellen?

 

 

Vorab ist dazu eine umfangreiche Analyse durchzuführen:

Welche unterschiedlichen Kundenkreise habe ich und sind sie zukünftig unter allen Umständen weiter zu versorgen? Mitunter sorgen wenige Prozent der Kunden für einen unverhältnismäßig hohen Aufwand an Personal, Räumlichkeiten und Ausstattung. Wenn z.B. bei insgesamt 1000 Verpflegungsteilnehmern 30 Essen auf Räder eine separate Logistik und Prozesse erforderlich machen, sollte dies kritisch hinterfragt werden. Andererseits kann für eine Zukunftsplanung die Erweiterung von Kapazitäten bestehender (und hoffentlich gut funktionierender) Prozesse genutzt werden, um eine optimierte Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Dies gilt allerdings nur, wenn auch die Möglichkeit gegeben und nicht aus politischen oder sozialen Gründen zwingend eine Versorgung vorgeschrieben ist.

 

 

Wie sehen die vorhandenen Strukturen aus?


Zunächst wäre der Mitarbeiterstamm zu betrachten, ist dieser Bereich schon jetzt chronisch unterbesetzt? Fehlen die Fach- und Führungskräfte? Oder habe ich glücklicherweise ein gutes Team, was aber in einem Trümmerhaufen von Küche jetzt schon eine Versorgung auf hohem Niveau realisiert? An dieser Stelle findet dann schon die erste Festlegung statt, ob man mit der bestehenden Führungskraft weiter an der Konzeption arbeitet, oder ob man für die weiteren Schritte mit einem neuen zukünftigen Leiter dieses Bereiches plant. Grundlage dieser Überlegung sollte auf jeden Fall sein, ob dieser mehrere Jahre dauernde Umgestaltungsprozess voraussichtlich von dieser Person begleitet wird. Eine Planung für einen potentiellen Nachfolger ist da eher suboptimal, nur die Konsequenz die eigene Suppe auch auslöffeln zu müssen sorgt für den letzten Kick an Motivation.

 

 

Welche Ausstattung habe ich und kann sie weiter genutzt werden? Angefangen von Küchentechnik (thermische Geräte, Kühlmöglichkeiten, festes und bewegliches Inventar), über infrastrukturelles Equipment (Speisenverteilsysteme, Speisenausgabe usw.) bis hin zur EDV und den eingesetzten Softwareprodukten ist eine realistische Inventur erforderlich. Als Faustformel kann dazu dienen, dass 50% des festen Inventars eine Küche aus den 70er oder 80er Jahren definitiv entbehrlich ist, falls es nicht schon vorher durch einen klugen Küchenverantwortlichen entsorgt wurde. Die Zeiten vollgestellter Küchen mit meterlangen Tischen und Kesselreihen sind schon lange vorbei, eine effektive Nutzung multifunktionaler Geräte auf deutlich weniger Raum ist heutzutage Standard. Dies schafft dann auch die nötigen Räume für den Logistikbereich, der in den letzten Jahren deutlich angewachsen ist.

 

Dann ist da noch (neben vielen anderen) natürlich die Frage des möglichen Budgets. Dies bezieht sich sowohl auf die Kosten eines Beköstigungstages, wie auch auf den finanziellen Gesamtrahmen der Maßnahme. An dieser Stelle eine Warnung an alle, die zu diesem Zeitpunkt eine Zahl nennen wollen: an dieser Zahl werden Sie immer gemessen! Wenn Sie als Küchenverantwortlicher eine Summe von xxx Euro in den Raum werfen, weil Sie glauben, dass müsste eine Küche kosten, werden sie erstens für größenwahnsinnig erklärt, zweitens sofort heruntergehandelt („sowas kann doch maximal nur xxx Euro kosten“) und drittens nimmt dies jeder weiteren Planung die objektive Überlegung des tatsächlich erforderlichen Budgets. Ganz unangenehm wird es dann, wenn festgestellt wird, dass weniger auch reicht. Kompetenz sieht dann doch anders aus. Eine Einrichtung hat aber langfristige Finanzierungsmöglichkeiten und die Erkenntnis, dass auch in einem Küchenbereich investiert werden muss, ist ja grundsätzlich gegeben - wenn auch nicht gerne gesehen. So kann eine Einrichtungsleitung, die einen vernünftigen Führungsstil mit ihren Mitarbeitern pflegt, durchaus eine Richtung vorgeben, in welchem Budgetrahmen man sich voraussichtlich bewegen kann.

 

Nun muss überlegt werden, ob die vorhandenen Räumlichkeiten in ihrer Funktion weiter genutzt werden sollen, oder ob es ganz andere Überlegungen gibt. Die beste Variante ist natürlich an einem guten Standort eine komplett neue Küche zu planen und alle Vorteile eines modernen Baukörpers mit hoher Energieeffizienz, optimierter Wegeführung und Raumplanung sowie einer Perspektive für eine spätere Erweiterung umzusetzen. Dieser Umstand trifft aber eher selten zu und so ist der Umbau im Bestehenden meist notwendig. An dieser Stelle sollte dann immer ein festes Budget für Unvorhergesehenes bedacht werden, Überraschungen sind da garantiert.

 

Wenn diese umfangreiche Arbeit der Ist-Analyse durchgeführt ist, gilt es diese Informationen so darzustellen, das die Grundlage für die weitere Planung des Konzeptes gegeben ist. Es nützt nichts, wenn das Inventar bekannt ist, aber keine Kenntnis darüber herrscht, wie es weiterverwendet werden kann. Auch bei dem Personal muss neben der Quantität jetzt schon klar sein, welche Qualitäten vorhanden sind oder eben fehlen.

 

Erstellung der Zielplanung

Durch die Auseinandersetzung mit dem ganzen Thema Speisenversorgung ist man mittlerweile auch fit genug, um sich an die Zielplanung zu machen. Die Ist-Analyse im Hinterkopf kann man nun ein Versorgungsangebot mit all seinen gewünschten oder erforderlichen Facetten erstellen. Dies geht dann von Anzahl der Menüs und Komponenten, über Angebot für Mitarbeiterverpflegung und externer Gäste, Bewirtung von Veranstaltungen und Konferenzservice, Kiosk- und Automatenbereiche bis hin zu notwendigen Kostformen und Ausrichtung auf Themen wie Nachhaltigkeit, ethischen Ansprüchen und Vieles mehr. Auch über die digitale Performance sollte eine Zielplanung vorliegen. Ein zentrales Thema wie das Essen sollte nicht als stiefmütterliches Subsystem in einem ausgemusterten Rechner des in Rente gegangenen Chefarztes sein Dasein fristen, sondern anderen Soft- und Hardwareanforderungen des Hauses gleichgestellt sein.

 

Nun ist zu überlegen, ob der gewählte Kreis das zukünftige Projektteam abbildet, oder noch weitere Menschen dazu genommen werden. Warum ist das an dieser Stelle so wichtig? Weil jetzt zum letzten Mal die Möglichkeit besteht, Menschen mit einzubeziehen und ihnen damit das Gefühl zu geben, von Anfang an bei der Gestaltung mitzuwirken. Dies ist für die weitere Umsetzung ein wichtiger Motivationsfaktor und sollte nicht unterschätzt werden. Gleichzeitig kann die unterschiedliche Sichtweise eine Fehlplanung verhindern, wenn der Projektleiter es versteht, das heterogene Team zu einem Ergebnis zu führen. Es können zu diesem Zeitpunkt auch durchaus noch sehr ambitionierte Wünsche aufgenommen werden, die Realität wird in einem gemeinsamen Prozess der Konzepterstellung dafür sorgen, dass keine überzogenen Vorstellungen in die finale Planung Einzug finden.

 

Gut, jetzt könnte man meinen, dass dieser Aufwand von einigen Treffen des Projektteams in Zeiten der unzähligen Jour-Fixe im Einrichtungsalltag übertrieben ist, die bislang investierten Stunden werden sich in den späteren Schritten aber um ein Vielfaches wieder bezahlt machen. Vor allem, wenn man später prüft, ob es überhaupt eine Zielerreichung gab. Einfach mit einer Planung zu beginnen ist der beste Garant dafür, das Projekt vor die Wand zu fahren.

 

Der nächste Artikel wird dann von der Konzepterstellung handeln und stellt damit auch die Weichen für die eigentliche Küchenplanung.

 

 

 

Wie immer freue ich mich über ein Feedback im Kommentarfeld

 

Verfasser: Jörg Jendrny

GV-Konzepte - Gemeinsam neue Verpflegungswege gehen

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