Geschirrbedarf in der Gemeinschaftsverpflegung

Haben Sie noch alle Tassen im Schrank?

Geschirrbedarf in der Gemeinschaftsverpflegung

Ist eine nicht selten genutzte Redewendung gegenüber einem Küchenmitarbeiter im Krankenhaus oder Altenheim. Je nach Temperament und Position gibt es dann eine entschuldigende oder resignierte Antwort. ”Wir haben halt kein Geschirr mehr, was ich Ihnen geben kann. Muss erst von Station zurückkommen und noch gespült werden.” Oder es wird mit viel Freude und Einfallsreichtum die Eskalationsleiter hinaufgestiegen, bis sich dann endlich Abteilungsleitungen um den Konflikt bemühen dürfen. Eine Diskussion über 30 Kuchenteller zwischen einem Küchenchef und einer Pflegedienstleitung kann dann manchmal erlebnisreicher und spannender sein wie ein guter Tatort. Ein Opfer wird es in beiden Fällen geben.

 

Wie kommt es zu solchen Situationen? Hier ein Erklärungsversuch und auch Lösungsansatz.

 

Wieso gibt es Geschirrmangel in der GV?


Es ist kaum zu glauben, Geschirr ist auch ein Verbrauchsmittel. Ähnlich wie Wäsche (ein noch viel schlimmeres Thema, vor allem die Berufswäsche) und anderen Arbeitsmitteln unterliegt Geschirr einem natürlichen und leider auch unnatürlichen Schwund.

 

Diebstahl ist generell ein Thema. Ich werde nie vergessen, wie ich auf einem Trödelmarkt komplette Sets des Krankenhausgeschirrs zu einem ordentlichen Preis angeboten entdeckt habe. Die Verkäuferin war keine mir bekannte Person, das Geschirr allerdings schon. Dies mag eine selten dämliche Ausnahme gewesen sein, zumal der Trödelmarkt direkt neben dem Krankenhaus veranstaltet wurde, aber manchmal landet einfach auch aus Versehen die ein oder andere Tasse im verkehrten Schrank.

 

Für wesentlich mehr ”Geschirrverluste” sorgt das Bunkern von Abteilungen im Haus, die für ihr Weihnachtsfrühstück vorsorgen und ihre Teeküchen auffüllen. Als Erklärung wird gerne angeführt, dass man früher auf Nachfrage nichts bekommen hätte (siehe oben). Besonders gefährlich sind Abteilungen, die über eigene Spülmaschinen verfügen.

 

Der Geschirrbruch ist natürlich ein Punkt, das klassische ”Hinfallen – kaputt” ist aber eher die Ausnahme. Es sei denn, man hat die Spülküche fremd vergeben und beschließt, damit von allen Sorgen befreit zu sein. Jeder Verantwortliche sollte sich mal eine Schicht genau ansehen, was da teilweise passiert. Da bekommt das Wort Nachhaltigkeit eine sehr praktische Anwendung, wenn durch vernünftige Arbeitsweise entsprechend angeleitete und konstante Spülteams den Geschirrbruch nicht jeden Abend mit mindestens 2 Leuten zum Müll bringen müssen.

 

Es gibt auch perverse Rücksichtslosigkeit, besonders gerne in Einrichtungen mit desaströser Unternehmenskultur. Wenn Löffel immer mit dem Joghurtbecher entsorgt werden, oder das Porzellan in der Cafeteria als Einwegprodukt gesehen wird und sich dann im Müllbereich der Raucherecke wiederfindet fehlen einfach nur die Worte.

 

Verschleiß ist aber nicht zu vermeiden. Die tägliche Benutzung unter Zeitdruck, Spülen, Stapeln, Bereitstellen und Transportieren setzt das Geschirr einer hohen Belastung aus.

 

Wie stellt man natürlichen Bedarf fest?

Neben einer entsprechenden Bestandskontrolle durch die Mitarbeiter und der damit verbundenen zeitnahen Rückmeldung, wenn plötzlich mehr Geschirr als üblich verschwindet, ist die Kenntnis über einen ”normalen” Jahresverbrauch unerlässlich.

 

Doch warum fällt es oftmals so schwer, eine Jahresplanung zu erstellen und die Arbeit für alle Beteiligten zu erleichtern, um die Küchenmitarbeiter nicht der eingangs beschriebenen Situation auszusetzen?

 

Den Bedarf durch alte Rechnungen zu ermitteln ist neben einfachem Schätzen ein beliebter, aber meist falscher Ansatz. Angefangen damit, dass das Controlling meist nur Summen nennen kann, über die Unfähigkeit der Einkaufsabteilung, eine übersichtliche Auswertung zu geben, bleibt dann nur eine manuelle Auswertung der (hoffentlich vollständig) vorhandenen Lieferscheine. Wenn mehrere Lieferanten mit unterschiedlichen Artikeln dazu kommen, wird es unübersichtlich und aufwändig. Oftmals wird dann gerne vergessen, auch die Mengen zu berücksichtigen, die über den Lebensmittelhändler zusätzlich bestellt wurden und dort in Sammelrechnungen ”untergebracht” sind. Schließlich ist dies die letzte Möglichkeit, notwendiges Geschirr zu bekommen, ohne dafür Budget zu haben oder die ungeliebte Freigabe beim Vorgesetzten einzuholen. Wir können an dieser Stelle festhalten, das eine Nachbetrachtung unsinnig ist, solange nicht eine gute Planung vorausgegangen ist.

 

Wie sieht denn eine gute Planung zur Ersatzbeschaffung aus? Und das betrifft ja nicht nur Geschirr, sondern auch GN-Behälter und andere Arbeitsmittel. Wie viele Pürierstäbe benötigt die Diätküche? Wie viele Messer die Köche? Doch bleiben wir bei dem Geschirr.

 

Welche Bestandsmengen sind erforderlich?

Wieviel Geschirr ist täglich notwendig? Durch lange Transportwege ist es sinnvoller, Geschirr im Austausch zu transportieren, vorausgesetzt ich habe die Stellfläche dafür. Das führt zwangsläufig zu einem höheren Bedarf, genauso wie zusammengefasste Spülzeiten. Wenn die aus hygienischer Sicht bedenkliche Variante gewählt wurde, das Abendgeschirr am nächsten Morgen mit zu spülen, sind schon mal 2 komplette Sätze im Umlauf und würde dann bei einer vorgezogenen Abendportionierung einen 3. Satz erfordern. Mit den üblichen Verzögerungen bei der Rückgabe steigt der Gesamtbedarf auf einen mindestens 3,5 fachen Satz.

 

Mehr Geschirr bei Cook&Chill?

Ganz wichtig ist bei zeitentkoppelten Systemen und der damit verbundenen möglichen Kaltportionierung auf Tablett, dass die Geschirrkomponenten ebenfalls kalt sind. Ein 2°C kaltes Essen auf einen warmen Teller zu portionieren, abzudecken und dann mit viel Aufwand den gesamten Transportwagen herunter zu kühlen ist eher sinnfrei, weil die Kälte keine Chance hat, an das Produkt zu kommen. Um Porzellan und andere Tablett Komponenten auf Temperatur zu bringen, ist eine Durchkühlzeit erforderlich, die sich je nach Spender und Kühlhäuser zwischen 12 bis 24 Stunden bewegt. Eine Temperatur des Geschirrs von 5°-7°C hat sich da bewährt. Kälter ist 1. schwer erreichbar, 2. Energievernichtung und 3. besteht gerade im Sommer eine erhöhte Gefahr der Kondenswasserbildung, je nach Verteilraum- und Lagertemperatur. Dies treibt den notwendigen Bestand weiter nach oben.

 

Wieviel Ergänzung wird jährlich benötigt?