Cook&Chill und nun?

Cook&Chill und seine Fallen

Cook&Chill in der GV DIN 10536

Cook&Chill rettet die GV-Branche!

Diesen Spruch hörte ich vor knapp 20 Jahren. Mit der Aufgabe betraut, mehr als 1500 Menschen dezentral zu versorgen, war dies schon fast eine logische Schlussfolgerung. Es sollte aber noch insgesamt 5 Jahre dauern, bis ich mit meinem Team zum ersten Mal festgestellt habe, dass wir anscheinend auf dem richtigen Weg sind.

 

 

Ich möchte mit diesem Teil des Blogs einen Beitrag dazu leisten, Cook&Chill in der Gemeinschaftsverpflegung verständlicher zu machen und erlebte Erfahrungen weiter zu geben.

 

Gibt es eine Anleitung?


Leider nicht. Allgemeine Vorgaben gibt es mehr als genug, aber helfen sie uns auch bei der Arbeit? Die DIN 10536 ist eine gute Vorlage, wenn es um die hygienischen Voraussetzungen geht und weist auf die organisatorischen Anforderungen hin. Für den eigenen Küchenbetrieb liefert uns dies aber keine genauen Handlungsempfehlungen (von Anweisungen ganz zu schweigen) und so muss jeder Küchenverantwortliche mit seinem Team einen eigenen Weg finden.

 

 

Auch Fachbücher helfen da relativ wenig. Interessanterweise sind bis auf wenige Ausnahmen bei Amazon zum Beispiel keine Bewertungen verfügbar, was auf die Häufigkeit der Nutzung schließen lässt. Und wenn doch wenige Bewertungen vorhanden sind, dann eher negative. Über den Jungen Koch, immerhin das Ausbildungsbuch der Köche, wollen wir da gar nicht reden. Auch dort gibt es nur rudimentäre Informationen. Der Wunsch vieler Ausbilder nach einer Modernisierung der Ausbildungsinhalte und Implementierung von Cook&Chill oder auch Sous-Vide ist bislang noch vergeblich.

 

Was kann man eigentlich alles mit Cook&Chill machen?

Gegner von Cook&Chill führen gerne an, dass bestimmte Produkte mit Cook&Chill nicht (oder nicht gut) umsetzbar sind. Dem kann man uneingeschränkt recht geben. Wenn als Beispiel aber angeführt wird, panierte Schnitzel würden nur im klassischen Cook&Hold oder Cook&Serve gelingen, möchte ich gerne das Endresultat sehen, wenn es nach 30 – 40 Minuten unter einer Cloche zu seinem Bestimmungsort gelangt ist und verzehrt werden kann. Knusprig-Kross ist da auch nichts mehr und so stellt sich die Frage, ob ein paniertes Schnitzel da überhaupt Sinn macht. Und ja, es gibt (noch) keine Cook&Chill Pommes. Aber jetzt mal ehrlich, wenn schon Kalorien in dieser Menge, dann bitte die, die frisch aus der Fritteuse oder Pfanne kommen.

 

 

Cook&Chill eignet sich hervorragend für eine gesunde Kost, ohne Panaden oder fettgebackene Produkte. Kurzgebratene Fleischkomponenten sind genauso machbar wie Schmorgerichte, Gemüse mit Biss, alle Arten von Pasta, Reis usw. Auch die Kartoffel, hier am Niederrhein existenziell, gelingt gut. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die geschälte rohe Kartoffel möglichst kurz im Beutel gelagert wird. Auch wenn das MHD mehrere Tage möglich macht, sorgt die Lagerung dafür, dass sich unerwünschte Nebenwirkungen entwickeln. Hautbildung und ungleiche Konsistenz sind neben dem Geschmack da die Hauptprobleme.

 

Wie gestaltet man den Ablauf in einer Cook&Chill Küche in der GV?

Jeder planende Küchenleiter erstellt sich seine Prognose, was er zu kochen hat. Optimalerweise stützt er sich auf vergangene Werte zur Orientierung und ergänzt dies durch Wetterprognosen, geplanten Änderungen der Gästezahlen und Erfahrungswerten. Bei Cook&Chill ist dies aber etwas schwieriger, zumal dort meistens die Belieferung von externen Einrichtungen dazugehört, die schon vorher versorgt werden müssen. Der Speiseplan ist mindestens 4 Wochen vorher erstellt, die Lebensmittelbestellungen sind 2 Wochen vorher erfolgt. Durch den geänderten Produktionsablauf werden einzelne Komponenten an ganz unterschiedlichen Tagen hergestellt. Nur so habe ich die Möglichkeit, die vorhandenen Geräte in der Küche und auch die Mitarbeiter optimal einzusetzen. Einfach 2-3 Tage vorher alles zu kochen, was dann auf der Karte steht würde einen wichtigen Vorteil des zeitentkoppelten Produzierens zunichtemachen. Wenn regelmäßig Kartoffeln, Püree oder bestimmte Suppen usw. benötigt werden, fange ich nicht unbedingt täglich an, neu zu kochen.

 

 

Die Kunst ist es, aus der produzierten Prognose und den am Tag X tatsächlich benötigten Essen eine übereinstimmende Menge zu schaffen. Wenn eine oder mehrere Cafeterien mit ordentlich Umsatz dahinterstehen ist dies noch gut zu kompensieren. Da dort hauptsächlich Mitarbeiterverpflegung und andere Stammgäste kommen, freuen sich die meisten auch über eine zusätzliche Abwechslung, wenn die Stammessen mal etwas knapp werden. Da kommt das Schnitzel als leckere Alternative auch wieder zum Tragen, wenn es im Frontcooking zeitnah zubereitet wird.

 

 

Dies ist auch einer der Punkte, wo eine zeitnahe Auswahl für eine belieferte Einrichtung an seine Grenzen kommt. Je nach Vorlaufzeit hat der Gast dann entweder Pech oder man liefert direkt entsprechende ”Zugangsessen” mit. Diese werden seltsamerweise auch immer alle benötigt und so erhöht sich die Anzahl der Beköstigungstage nicht unerheblich. Schön, wenn die Küche das abrechnen darf.

 

Cook&Chill = bessere Qualität?

Vorab: jede gute Cook&Serve Küche hat ihre Berechtigung. Wenn keine dezentrale Struktur zu versorgen ist und die Abläufe stimmen, lässt sich so weiterhin eine zeitgemäße Versorgung gewährleisten.

 

 

Wie erreiche ich aber nun die gewünschte Cook&Chill-Qualität? Das Wichtigste ist dabei (und das wird jeder ”kreative Koch” ungerne hören) eine sorgfältig erarbeitete Rezeptur die konsequent umgesetzt wird. Die Grundregeln des Kochens gelten weiterhin. Die einzelnen Prozessschritte sind jedoch genau zu betrachten und gegenüber dem herkömmlichen Kochen zu zerlegen. Anschließend werden sie mit den zusätzlichen Schritten Herunterkühlen, Lagern und Regenerieren wieder zusammengefügt. Dies kann aber schon umfangreiche Maßnahmen im Vorfeld bedeuten.

 

Unmittelbar nach der Produktion ist der Prozess des Herunterkühlens einzuleiten. Nicht nach 15 Minuten, nicht nach 5 Minuten – sofort. Wenn produzierte Speisen vor dem Schnellkühler warten, bis endlich wieder Platz frei ist, hat es die Qualität schon längst hinter sich. Die Organisation der Abläufe ist zwingend auf diesen Punkt abzustimmen. Auch entsprechende Geräte, die sofort mit dem Rückkühlprozess beginnen, sind da notwendig.

 

 

Wenn die Rezeptur dann steht (im Schnitt kann man mit 5-10 Versuchen rechnen, bis es passt) muss eine permanente Kontrolle des regenerierten Ergebnisses durchgeführt werden. Jeden Tag sind die produzierten Speisen zu regenerieren und zu verkosten. Am besten immer für heute und Morgen, wenn man davon ausgeht, dass die Komponenten alle schon produziert sind. Nur so lässt sich feststellen, ob die Rezeptur wirklich fertig ist. Und nebenbei wird direkt festgestellt, ob der Lieferant vielleicht ohne Information einen Artikel verändert hat. Dies ist gerade bei Eigenmarken nicht zu unterschätzen. Kochzeiten von Pasta oder Gemüse sind auf einmal nicht mehr korrekt oder die Würzung von Convenience hat sich verändert.

 

 

Bei Aufbau und Erstellung von Rezepturen und Abläufen in der Küche wird Hilfe benötigt. Zu glauben, ein paar Wochen vor Umstellung auf Cook&Chill probiere ich da mal aus, wie Rezepturen aussehen könnten, ist zum Scheitern verurteilt und sorgt vom ersten Tag an für die Bestätigung aller Vorurteile, die immer noch existieren. Ohne Expertenrat dauert die Lehrzeit viel zu lang, da gehen schon mal 2 Jahre ins Land, bis man die Prozesse im Griff hat. Also gilt es, die Erfahrung von Lebensmittelherstellern nutzen und gemeinsam mit Anwendungstechnikern Rezepturen zu erarbeiten. Auch die Technikhersteller können dazu beitragen, die Abläufe in der Küche bezüglich Produktion und Schnellkühlen festzulegen.

 

Optimalerweise gelingt es, in der Planungs- und Umsetzungsphase einen praxiserfahrenen Berater hinzuzuziehen, der die ersten 1000 Fehler schon hinter sich oder zumindest gesehen hat. Dadurch kann er mit dem Team in kurzer Zeit einen funktionierenden Ablauf mit guter Qualität realisieren. Der perfekte Weg mit sehr guter Qualität liegt dann aber immer noch in der Zukunft und bedeutet permanente Entwicklung aller Bereiche.

 

 

Weitere Beiträge zum Thema Verteillogistik und Regeneration werden folgen. Wenn Sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben oder etwas Fragen wollen, würde mich über einen Kommentar oder eine Rückmeldung freuen.

Verfasser: Jörg Jendrny

GV-Konzepte - Gemeinsam neue Verpflegungswege gehen

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