Schließung einer Küche oder Einstellung als Produktionsbetrieb
Um Missverstände zu vermeiden, der Aufbau einer Zentralküche mit Schließung von mehreren dezentralen Produktionsstandorten ist in diesem Artikel nicht gemeint. In Zeiten der zeitentkoppelten Systeme sind gerade diese Modelle durchaus zukunftsfähig, bündelt man die Produktionskompetenz doch an einem Standort und kann so beim Gast vor Ort sich auf alle Aspekte des Service konzentrieren. In diesem Teil thematisieren wir den völligen Verzicht einer eigenen Küche. Also nicht nur Produktion, sondern komplett alles.
Wieso wird die Küche geschlossen?
Die Entscheidung zum Schließen einer Küche wird oftmals leichtfertig und ohne Prüfung aller relevanten Möglichkeiten beschlossen. Mangelende Finanzierungsmöglichkeiten, fehlendes oder ungeeignetes Personal und geringes Interesse, sich mit diesem umfangreichen Thema zu befassen – siehe auch
Teil 1: Der Weg zur Zielplanung – führen vorschnell zu dem Ergebnis ”dann machen wir den Laden eben zu”.
Aber gerade hier sind viele Punkte zu berücksichtigen, die von entsprechenden Anbietern gerne vergessen oder bagatellisiert werden. Dies soll nicht heißen, das Systeme mit Vollconvenience oder Komplettbelieferungen mit allen Mahlzeiten keine Berechtigung am Markt haben. Einige Faktoren in der Branche sprechen sogar dafür, dass sich solche Lösungen noch weiter etablieren werden. In den Augen der Kunden und Mitarbeiter ist dies aber mit Sicherheit kein Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen, das Essen aus der Hand zu geben. Momentan ist es noch möglich, mit den richtigen Mitarbeitern einen Produktionsbetrieb wirtschaftlich, qualitativ hochwertig und unabhängig von Zulieferern zu betreiben. Allerdings wird dies in den nächsten Jahren mangels adäquaten Personals gerade im Führungs- und Fachbereich zunehmend eine Herausforderung.
Wirtschaftliche Aspekte einer Küchenschließung
Doch zunächst zum wirtschaftlichen Gesichtspunkt. Die Investitionen sind bei einer Schließung fraglos deutlich geringer als Neubau oder Renovierung. Aber ganz ohne geht es auch in diesem Fall nicht.
Eine Anlieferung, gekühlter Raum und fertig? Nicht ganz.
Wenn ein solches Konzept vorsieht, alles, also auch Geschirr, Transportwagen, Speisereste usw. zu allen Mahlzeiten an- und abzuliefern, sind auch reine und unreine Wege und Räumlichkeiten zu betrachten. Eine Belieferung ”just in Time” ohne entsprechende Lagermöglichkeiten sorgt auf jeden Fall für einen deutlich erhöhten Puls des Logistikverantwortlichen und bei Ausfall auch für die Einrichtungsleitung, die dann den Shitstorm in den neuen Medien aushalten darf. Krisenmanagement gewinnt da eine zusätzliche Dimension. Verkehr, technische Probleme, Fehler in der Disposition oder schlicht der Faktor Mensch sorgen für regelmäßige Abwechslung, die hier allerdings nicht gewünscht ist. Bei einer Belieferung aller Mahlzeiten fallen auch die höchsten Logistikkosten an. Je nach Entfernung und Menge kommt so schnell ein Wert von 1,50€ - 1,80€ zusammen, was ca. 15% eines normalen Vollkostensatzes pro Beköstigungstag entspricht.
Alle notwendigen Leistungen, wie Produktion, Spülen, Verteilen usw. werden dann über das Essen bezahlt, wenn es ein externes Unternehmen ist, auch noch zusätzlich mit Umsatzsteuer. Das diese Form der Belieferung den höchsten Geschirrbruch hat, versteht sich von selbst. Falls über Transportwagen mit integrierter Technik geliefert wird, bekommt dieser Kostenbereich eine noch größere Dimension. Da kommt schon mal eine hübsche Pauschale zusammen. Ob dieser Gesamtwert je Beköstigungstag langfristig günstiger ist, als eine eigene Küche mit der entsprechenden AFA, gilt es zu prüfen. Und auch die Überlegung, wie sich der Verkaufspreis nach der ersten Vertragsbindung entwickeln wird, sollte nicht vergessen werden. Im Markt sind da schon erste Tendenzen festzustellen.
Nachteile einer Küchenschließung
Neben der Tatsache, sich für immer abhängig zu machen, hat man über diese Variante die geringste Einflussnahme auf Qualität, Angebot und Darreichungsformen. Von Alleinstellungsmerkmalen oder Abheben von der Konkurrenz ganz zu schweigen. Die Identifikation eigener Mitarbeiter mit dem Essen ist ebenso ein schwieriges Thema, wie die dadurch zusätzlich entstehenden Schnittstellen zu einem Anbieter der natürlich gewinnorientiert handelt. Wie weit ist der Anbieter bereit, eine möglichst gute Leistung für den eingesetzten Betrag umzusetzen? Oder ist nach den Vertriebsgesprächen und den ersten Testwochen eher Ernüchterung angesagt?
Alternative zur Schließung: (Zwischen-) Lösung Verteilerküche?
Eine weitere Möglichkeit ist es, die Produktion einzustellen und eine sogenannte Verteilerküche oder Relaisküche zu gestalten. Entweder in Kooperation mit einer anderen Küche oder dem Zukauf von Convenience lässt sich die Produktion der zumeist warmen Komponenten einstellen. Dies reduziert notwendige Investitionen erheblich, die gesetzlichen Anforderungen an eine Verteilerküche sind deutlich geringer. Der Raumbedarf bleibt allerdings annähernd gleich, da sich die Logistik kaum verändert. So kann man aber immer noch genügend Einfluss auf Angebot und Qualität nehmen. Im Markt gibt es einige Anbieter und schlaue Küchenverantwortliche werden für sich in den nächsten Jahren immer mehr feststellen, dass sie mit ihren bestehenden Küchen auch diesen Markt bedienen können. Die Technik gibt das schon lange her. Vielleicht ist diese Vorgehensweise auch geeignet, zu einem späteren Zeitpunkt für die Küche eine neue Lösung zu finden und so lange Rückstellungen dafür zu bilden. Bestandsschutz kann bei dieser Lösung durchaus ein wichtiger Punkt sein.
Dieser Blogbeitrag soll aufzeigen, wie vielschichtig und umfassend Überlegungen zu einer Küche in der Gemeinschaftsverpflegung aussehen können. Es
ist natürlich klar, dass einzelne Punkte nur angerissen werden konnten.
Mit diesem Teil schließe ich meine kleine Serie zum Thema ”Küche Neubau, Renovieren oder Schließen” ab, werde aber auf einzelne Aspekte genauer in separaten Beiträgen eingehen.
Ich würde mich über ein Feedback im Kommentarfeld freuen.
Verfasser: Jörg Jendrny
GV-Konzepte - Gemeinsam neue Verpflegungswege gehen
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