Küche Neubau, renovieren oder schliessen? Teil 3

Die Erstellung eines Verpflegungskonzeptes im Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung

Verpflegungskonzept Krankenhaus Pflegeeinrichtung Großküche

Organisation des Projektteams zur Küchenkonzeption

Nun ist die Projektgruppe aus einer Handvoll geeigneter Mitarbeiter festgelegt, die ihrerseits wiederum die einzelnen zukünftigen Entwicklungsaufträge zur Gesamtkonzeption mit den eigenen Abteilungen abarbeiten werden. Regelmäßig geplante Treffen im Abstand von 2-3 Wochen sind zu empfehlen, es soll ja schon mal vorgekommen sein, dass Termine auch wieder abgesagt wurden und so ist die Spanne zwischen den einzelnen Sitzungen angemessen. Der Zeitrahmen bis zur Präsentation des ersten Konzeptentwurfes ist festgelegt, vielleicht auf 3 Monate oder bei sehr großen Projekten auch schon mal ein Jahr und mit einer umfassenden Information hat man die restlichen Mitarbeiter über den Plan, eben ein solches Konzept zu erstellen in Kenntnis gesetzt. Nicht nur für Menschen unserer ”Generation Y” ist eine Einbeziehung in die Zukunftsplanung wichtig. Die Befürchtung, dass sich dadurch zu viele Mitarbeiter berufen fühlen, in der Planungsphase mitzumischen, ist eher unbegründet. Die Beliebtheit von zusätzlicher Arbeit (und dass muss allen Beteiligten klar sein, eine solche Konzepterstellung ist neben dem Tagesgeschäft eher nicht in einer normalen 39-Stunden-Woche umsetzbar) ist ähnlich hoch wie die Bereitschaft zum Reinigen eines Grills nach einem Sommerfest mit 1000 Besuchern.

 

 

Definition der Küchenleistungen und Voraussetzungen

Zunächst werden gemeinsam die notwendigen Leistungen aus den vorher erstellten Zielen definiert, um einen verbindlichen Sollzustand zu haben. Dies führt an dieser Stelle zu einer ersten Eingrenzung des Produktionssystems. Die Entscheidung, ob man Cook&Serve, ein zeitentkoppeltes Produktionsverfahren wie Cook&Chill, oder ein System der Vollconvenience in der Krankenhausküche zur Verpflegung einsetzt, ergibt sich z.B. daraus, inwieweit dezentral oder zentral versorgt wird und welcher Wert pro Beköstigungstag erzielt werden muss. Eine endgültige Entscheidung kann aber an dieser Stelle noch nicht erfolgen, zu viele Parameter müssen noch geklärt werden. Doch dazu bei der Küchenplanung mehr.

 

 

Notwendige Soft- und Hardware in der Küche


Da jetzt klar ist, welches Angebot es geben soll, ist der nächste Punkt, ob dieses über ein zeitgemäßes EDV-System dargestellt und verrechnet werden kann. Welche Varianten der Bezahlung bzw. Vergütung benötige ich, bietet es die Möglichkeit der Fakturierung usw.? Sie fragen sich nun, was dies mit der Küchenplanung zu tun hat? Ein System, wo vernünftig gepflegte Stammdaten, alle Kostenstellen und Lieferorte, Artikel, Rezepturen, Produktionspläne usw. hinterlegt sind, benötigt einen wesentlich geringeren administrativen Aufwand, was sich auf der einen Seite in der Größe und Lage eines Büros und auf der anderen Seite in der Ausstattung desselben und auch der Küche selbst niederschlägt. Arbeite ich z.B. mit Tablets (Achtung? wo werden diese sicher hinterlegt und geladen?) oder mit Listen in Papierform? Dementsprechend ist die Infrastruktur mit Drucker eine ganz andere. Wo werden Kassensysteme installiert und vieles mehr kommt dort zum Tragen.
Gleichzeitig ist ein funktionierender Artikelimport in das eigene Rezeptursystem heutzutage unumgänglich, um den Wareneinsatz innerhalb eines kalkulierten Speiseplanes darzustellen und dadurch die Kosten besser zu kontrollieren und zu steuern. Dazu kommt noch die unvermeidliche Deklaration mit Allergenen und Zusatzstoffen, auch wenn die Industrie alles unternimmt, um zu ”helfen” und dem aus dem Weg zu gehen. Eine Bechamelsoße ohne deklarationspflichtige Milch ist ja heutzutage kein Problem mehr. Ob dies allerdings wirklich notwendig ist, darf jeder für sich selbst entscheiden.
Unterm Strich ist für eine Aussage, was ein zukünftiger Beköstigungstag kostet, bzw. kosten darf, ein gut funktionierendes EDV-System notwendig und daher an dieser Stelle für das Konzept von großer Wichtigkeit.

 

 

 

Planung der Lieferantenstruktur und Logistik

Eng verbunden mit der EDV sind natürlich auch die Lieferanten. Die Prüfung, ob diese für die Zukunft noch geeignet sind und relevante Dienstleistungen erbringen können ist ebenso wichtig, wie eine potentielle neue Ausschreibung, weil sich vielleicht das Mengengerüst oder die Artikelauswahl deutlich verändern wird. Lieferrhythmen, Stopgrößen, Umgang mit Fehlmengen und Austauschartikeln (für den Punkt Rückverfolgbarkeit wichtig) sind nur ein Teil dieses Bereiches.

 

Wie kann die zukünftige Logistik erfolgen? Dies allein füllt schon ganze Bücher, ist es abhängig vom Speisenverteilsystem (bleibt das Alte, kommt ein Neues? aktives System oder passiv? dezentrale Regeneration oder zentral? usw.) der vorgegebenen Zeitfenster, An- und Ablieferung, Spülen, Entsorgen, wer übernimmt den Transport, wie werden die Lieferungen beschriftet, erlaubt die Kommune eine Steigerung der An- und Abfahrten mit LKW …….
So kann schon die Entscheidung, ob für externe Bereiche ein 1-facher oder 2-facher Satz an Behälter eingesetzt wird, die Logistik maßgeblich verändern. Je schlanker die (kostenintensive) externe Logistik ist, umso mehr Platzbedarf habe ich an einem zentralen Standort. Das kann sich rechnen, ist aber auf jeden Fall abzuwägen. Am Ende wird eine solche Entscheidung nicht unerheblich die Kosten für einen Beköstigungstag mitbestimmen.

 

 

Das Herzstück einer guten Küche: Personal

Durch die Erarbeitung der vorgenannten Punkte haben wir jetzt ein Grundgerüst, das es mit Leben zu füllen gilt. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn nun reden wir über Personal. Zunächst ist die Frage der vorhandenen Qualität offen und ehrlich anzusprechen und entsprechend zu handeln. Da auch wir in der Gemeinschaftsverpflegung mittlerweile im 5-7 Jahres Rhythmus eine wesentliche Veränderung der Arbeitswelt feststellen, ist ein lebenslanger Lernprozess schlicht und ergreifend notwendig. Im Rahmen der Neuplanung ist also davon auszugehen, dass Schulungsmaßnahmen obligatorisch sind. Und dies bedeutet nicht 2 Wochen vor Eröffnung der neuen Küche ein Seminar zu besuchen, sondern ab diesem Zeitpunkt der Planung ein Schulungsprogramm aufzustellen. Damit sich z.B. ein engagierter Koch den Cook&Chill Prozess verinnerlicht, sind selbst mit guten begleitenden Schulungen und Hospitationen einige Monate notwendig, bevor er in seinem eigenen Team die Umgestaltung der Prozesse anpacken und entwickeln kann.

Das Thema Führung, ob als Gesamtleitung oder Führung eines Teilbereiches sollte ebenfalls nicht ungeplant übertragen werden. Nur weil sich vielleicht eine Küche und damit das gesamte Team vergrößert, sollte man nicht einem bis dahin guten fachlichen Mitarbeiter Verantwortung übertragen. Die Prüfung, ob dieser Mensch sich dafür eignet und welche unterstützenden Schulungen sinnvoll sind, zahlen sich aus. Sonst hat man am Ende zwei Verlierer: einen überforderten Mitarbeiter und ein demotiviertes Team. Mit vorbereiteten Mitarbeitern kann man sich zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme einige böse Überraschungen ersparen.

 

Die Quantität an Personal ist durch die Erstellung von Personalablaufplänen für die einzelnen Bereiche zu ermitteln. Zunächst werden Nettozeiten erarbeitet (wieviel Stunden wird mit wieviel Mitarbeiter gespült, verteilt, gekocht, geputzt usw.). Dabei sollten auch die vielen kleinen Nebentätigkeiten wie Dokumentation, Rüstzeiten, Verräumung usw. bedacht und erfasst werden. Das Drama und einen Lösungsansatz, wie eine solche Planung dann mit einem Team umgesetzt kann, dass 20 verschiedene Arbeitszeiten durch unterschiedlichen Stellenumfang oder Tagewoche, Alleinerziehung und damit verbunden eingeschränkte Arbeitszeiten, Schwerbehinderung usw. hat, werde ich in einem anderen Blog behandeln, dass würde hier definitiv den Rahmen sprengen. Anhand der so errechneten Netto-Vollzeitstellen kann man nun mit den anzuwendenden Personalkosten eine relativ saubere Berechnung erstellen. Dabei aber nicht die Abwesenheitszeiten vergessen, Urlaub, Krankheit und Fortbildung machen zwischen 19% und 24% aus. Wenn dies nun noch für verschiedene Varianten erstellt wird, z.B. Produktion nach Cook&Chill und Cook&Serve oder Einsatz von Vollconvenience, verfügt man über eine sehr gute Entscheidungsgrundlage. Neben den Kosten ist damit auch der Bedarf an Sozialräumen für die Mitarbeiter definiert. Es ist manchmal unglaublich, dass dieser Punkt vergessen wird und hinterher Spinde in Streichholzschachtelgröße als Lösung für den zu gering geplanten Platz herhalten sollen.

 

Administration, QM, HACCP und Controlling

Die weiteren Punkte zur Konzepterstellung sind der gesamte Bereich der Administration, des vorhandenen und evtl. zu überarbeitenden Qualitätsmanagements (QM), ein definitiv zu überarbeitendes HACCP-Konzept mit einer Gefahrenanalyse, die den Namen verdient und auch die Überlegung, ob eine Zertifizierung angestrebt oder sogar notwendig ist. An dieser Stelle sollte mit der Lebensmittelüberwachung schon mal der erste Kontakt aufgenommen werden, um Gesprächsbereitschaft zu signalisieren, dies macht das weitere Vorgehen mit dem Veterinär mit Sicherheit leichter.

 

Und zu guter Letzt wird noch das Controllingsystem festgelegt, soweit nicht schon vorhanden. Um einen realen Vollkostensatz für einen Beköstigungstag zu ermitteln sind viele Faktoren notwendig, auch dies ist demnächst einen eigenen Blog wert.

 

 

Zusammenfassung der erarbeiteten Punkte zur Küchenplanung

Wir haben nun

 

  • Das Verpflegungsangebot
  • Das oder die verschiedenen Produktionssysteme
  • EDV mit Bestellsystem und Warenwirtschaft
  • Die Lieferanten geprüft und Kooperationen abgesprochen
  • Die notwendige Logistik, vorzugsweise in 2 Variationen geplant
  • Das Personal bezüglich Qualität und Quantität untersucht und Mitarbeiter- und Schulungsbedarf festgehalten
  • Die zukünftige Administration dargestellt
  • Das QM auf Aktualität geprüft, eine evtl. Zertifizierung ins Auge gefasst
  • Den Neuaufbau des HACCP-Konzeptes beziffert
  • Ein funktionierendes Controllingsystem installiert

 

Dies hat jetzt eine tolle Präsentation bei der Geschäftsführung verdient und ist eine extrem wertvolle Unterlage für jeden weiteren Planungsschritt. Ob mit einem Berater an der Seite oder auch nicht, ein seriöser Fachplaner kann nun aus diesen ganzen Informationen die notwendigen Schlüsse ziehen und wird entsprechende Varianten vorschlagen können.

 

 

Nach diesem langen Weg sind wir nun endlich an dem Punkt der Küchenplanung und der Entscheidung angekommen, welche Lösung die richtige sein kann. Neubau, Renovierung oder Schließen? Dies dann im Teil 4 des GV-Blog Küchenplanung.

 

 

 

Wie immer freue ich mich über ein Feedback im Kommentarfeld.

 

Verfasser: Jörg Jendrny

GV-Konzepte - Gemeinsam neue Verpflegungswege gehen

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